Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch – diesen Spruch haben Sie in den letzten Jahren vermutlich so oft gehört beziehungsweise gelesen, dass er Ihnen bereits zum Hals raushängt. Ja, Employer Branding wird immer wichtiger, und ja, die Arbeitgeber müssen umdenken, um auch in Zeiten des Fachkräftemangels noch ausreichend qualifizierte Mitarbeiter gewinnen und binden zu können. Nur eines vergessen sie dabei leider häufig: Sie halten an veralteten, starren und völlig überflüssigen Regeln fest. Wir verraten Ihnen heute, welche das sind.
Tradition vs. Innovation: Die Zwickmühle deutscher Arbeitgeber
Die Digitalisierung und Globalisierung, der demografische Wandel und die anspruchsvolle Generation Y: Wir haben bereits in zahlreichen Artikeln beleuchtet, dass und weshalb sich die Geschäftswelt nicht nur in Deutschland, sondern in den gesamten westlichen Industrienationen derzeit so stark verändert.
Wenn es um die Mitarbeitergewinnung und -bindung geht, stellt der erwartete – und je nach Branche bereits spürbare – Fachkräftemangel die aktuell größte Herausforderung für Arbeitgeber dar. Sie müssen ihre internen Strukturen überdenken, Prozesse verändern und alte Gedankenwelten hinter sich lassen. Davon betroffen sind alle Bereiche und Aktivitäten eines Unternehmens, zum Beispiel
- Arbeitszeitenregelungen,
- betriebliches Gesundheitsmanagement,
- Technologien wie Hard- und Software oder auch
- Unternehmenswerte, Leitsätze und Betriebskultur.
Für Arbeitgeber ist es an der Zeit, einen großen Schritt in Richtung Zukunft zu machen. Die innovativen Ideen überschlagen sich und die Unternehmen versuchen sich gegenseitig durch noch modernere und attraktivere Angebote in ihrem Employer Branding zu übertrumpfen und sich dadurch gegenseitig die begehrtenFachkräfte vor der Nase wegzuschnappen. Das Problem an der Sache ist nur, dass sich viele Arbeitgeber gleichzeitig sträuben, gewohnte Werte und gelebte Traditionen loszulassen. Sie halten nicht selten an veralteten, starren und in der heutigen Zeit völlig nutzlosen Regeln fest, wodurch sie die begehrten Fachkräfte – und vor allem die Generation Y – eher abschrecken als anlocken.
Um die „Millenials“ also gewinnen und vor allem langfristig binden zu können, sollten Sie als Arbeitgeber noch einmal überdenken, ob Sie nicht vielleicht folgende überflüssige „Traditionen“ loslassen und sich stattdessen innovativeren Strukturen und Regeln zuwenden sollten:
#1 Verbot der Smartphone-Nutzung am Arbeitsplatz
Rund eine Milliarde aktive Smartphones gibt es mittlerweile auf der Welt. In Ländern mit hohem Wohlstand finden Sie kaum noch Menschen, die nicht mindestens ein Handy besitzen. Ausnahmen stellen eher Kinder sowie ältere Personen dar. Wenn also quasi jeder Ihrer Mitarbeiter mindestens ein privates Smartphone besitzt und dieses auch aktiv nutzen möchte, wieso sollten Sie dies dann verbieten?
Weil die Mitarbeiter während der Arbeitszeit auch arbeiten sollen, werden jetzt viele von Ihnen antworten. Sie sollen nicht unnötig Zeit mit Telefonaten, Whatsapp oder Online-Shopping verplempern. Das ist eine durchaus korrekte und nachvollziehbare Aussage.
Das Problem an der Sache ist nur, dass Sie damit bei der „Generation Y“, welche quasi mit Handys und später auch Smartphones aufgewachsen ist, nicht punkten können. Sie müssen Ihren Blick in die Zukunft richten und da werden Smartphones eine immer bedeutendere Rolle einnehmen. Wenn Sie also wirklich als innovativer und zukunftsgerichteter Arbeitgeber bei den begehrten Fachkräften punkten möchten, sollten Sie stattdessen über den Nutzen nachdenken, welchen das Mitbringen des privaten Smartphones zum Arbeitsplatz für Sie haben könnte. Die Sprache ist vom Konzept „Bring Your Own Device“.
#2 Leistungsbeurteilungen und Gauß’sche Kurven
Die größte Schwierigkeit der Arbeitgeber und zugleich Sehnsucht der Arbeitnehmer ist: Vertrauen. Wirklich attraktiv werden Sie als Arbeitgeber für die Millenials nämlich, wenn Sie diesen Vertrauen entgegenbringen und dadurch ein völlig neues Maß an Selbstverantwortung, Flexibilität und Wertschätzung. Doch wie bereits beim ersten Punkt fällt vielen Unternehmen auch hinsichtlich der Leistung, Motivation und Produktivität ihrer Mitarbeiter genau dieses Vertrauen schwer. Also wird jeder Angestellte zu einer Nummer und mittels Leistungsbeurteilungen und Gauß’schen Kurven soll dieser ab sofort anhand „objektiver“ Kriterien bewertet werden.
Aber Menschen sind nun einmal keine Roboter. Sie „funktionieren“ nicht, sie sind keine „Nummer“ – und wollen deshalb auch nicht so behandelt werden. Natürlich möchten Sie faule Trittbrettfahrer entlarven und Leistungsträger fördern sowie belohnen. Doch die Zeiten der Excel-Tabellen, Normalverteilungen und Kostenfaktoren sollten sich langsam dem Ende neigen und die Betriebskultur muss wieder menschlicher werden. Kein Wunder, dass viele Millenials sich vor allem von KMUs oder Familienbetrieben mit lockerer Arbeitsatmosphäre und flachen Hierarchien locken lassen. Hier fühlen sie sich noch als Mensch – und nicht als Kennzahl oder Roboter.
#3 Strenge Kleiderordnung
Äußerst unbeliebt sind bei den Millenials übrigens auch strenge Kleiderordnungen. Sie legen schließlich viel Wert auf Individualität und Selbstbestimmung – und da passt der Business-Einheitslook so gar nicht ins Lebensgefühl. Natürlich können und sollten Sie als Arbeitgeber auch in Zukunft nicht alle Kleiderordnungen außer Kraft setzen. Dies ist schon allein aus Gründen des Arbeitsschutzes nicht möglich. Zudem gibt es Branchen, in welchen die Kleiderordnung hygienische Gründe hat, wie in Krankenhäusern oder in der Küche.
Doch in allen anderen Fällen gilt: Reichen der schwarze Anzug mit Krawatte oder das schicke Kostüm nicht auch im Kundenkontakt oder bei Geschäftsreisen aus? Müssen die Mitarbeiter wirklich (immer noch) jeden Tag im unbequemen Business-Look im Büro vor ihrem PC sitzen? Oder wären Sneakers, Jeans und ein einfarbiges T-Shirt wirklich so ein Beinbruch für Sie als Arbeitgeber? Wir finden: Strenge Kleiderordnungen gehören der Vergangenheit an.
#4 Konformität statt Individualität
Die Lockerung der Kleiderordnung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung: Als Arbeitgeber sollten Sie sich nämlich von der künstlichen Konformität verabschieden und stattdessen fortan die Individualität Ihrer Mitarbeiter fördern. Wieso? Einerseits, weil Konformität dumm macht. Und andererseits, weil die Millenials nun einmal großen Wert auf Ihre Individualität, Selbstverantwortung und Freiheit legen. Das fängt bei der freien Wahl ihrer Kleidung an und erstreckt sich über jeden Bereich ihres (Berufs-) Lebens. Dabei sind es genau diese Individualisten und Querdenker, welche Ihren wirtschaftlichen Erfolg ankurbeln und Ihr Unternehmen auf die nächste Stufe heben können.
#5 Starre Arbeitszeiten
Was bei der Kleidung beginnt, endet bei der Zeiteinteilung: Auch hier wünschen sich die Millenials Selbstbestimmung. Sie möchten – wenn möglich – ortsunabhängig arbeiten, ihre Arbeitszeit frei einteilen oder sich irgendwann mittels Sabbatical auf eine Weltreise verabschieden. Im Fokus stehen
- eine ausgewogene Work-Life-Balance,
- die gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie,
- ein hohes Maß an persönlicher Freiheit,
- zeitliche Flexibilität,
- der Wunsch nach Selbstverwirklichung,
- Wertschätzung und Vertrauen durch den Arbeitgeber
- und trotz allem noch der Wunsch nach finanzieller sowie Arbeitsplatzsicherheit.
Vertrauensarbeitszeit, Home-Office, Sabbaticals: So sehen daher die Arbeitszeitmodelle der Zukunft aus. Also verabschieden Sie sich von „Nine to Five“ und Stempelkarten.
Fazit: Millenials können nicht nur nehmen, sondern auch geben!
„Wieso? Was habe ich davon?“, fragen Sie sich jetzt? Ganz einfach: Hoch qualifizierte Fachkräfte – heute und in Zukunft. Doch das ist nicht der einzige Vorteil, wenn Sie endlich den Mut fassen und sich von diesen fünf veralteten Regeln verabschieden: Sie gewinnen auch motiviertere und produktivere Mitarbeiter. Wenn Sie ihnen auf Augenhöhe begegnen und Vertrauen entgegenbringen, sind die Millenials nämlich durchaus auch zur Leistung bereit. Und dank exzellenter (Aus-) Bildung, ihren innovativen Ideen, ihrem Hang zum Idealismus und ihrer Gleichgültigkeit gegenüber materiellen Werten haben sie als Arbeitnehmer aller Kritik zum Trotz eine Menge zu bieten.
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