Bloss kein Feigling sein, denn gute Führungskräfte zeigen Haltung. Das unterscheidet sie von Angsthasen und Ja-Sagern. Probleme werden mutig angesprochen.
„Wie zufrieden sind Sie mit unserer Zusammenarbeit? Da wir uns schon lange kennen, würde ich mich über ein ehrliches Feedback freuen.“ Mit diesen Worten beendet der Vorstand das Gespräch mit Herrn Mohr, einem seiner Führungskräfte. Bis vor einem halben Jahr waren sie noch Kollegen und deswegen war für Mohr klar: Die Aufforderung zum Feedback ist Ausdruck von Verbundenheit und Wertschätzung. Also sagt er, was er denkt: „Ich freue mich über Ihr Interesse an meiner Rückmeldung. Gut gefällt mir die engere Taktung unserer Teammeetings. Doch bei den letzten Treffen haben Sie uns sehr viele Informationen mitgebracht. Und das ging leider zulasten unserer Besprechungs- und Diskussionszeit. Vielleicht wäre es daher eine gute Idee, wenn Sie uns die Infos vorab mailen. Dann gewinnen wir Zeit für den persönlichen Austausch.“
Während seiner Ausführungen blickt der Vorstand Herrn Mohr ausdruckslos an. Dann verschränkt er die Arme, holt tief Luft und sagt: „Hm. Verstehe. Sie halten meine Informationen eher für unwichtig. Ich glaube allerdings, dass niemand vorab all die Unterlagen lesen würde. Kommende Woche nehme ich ja an Ihrem Teammeeting teil. Da bin ich jetzt schon gespannt, wie Sie das handhaben.“ Frustriert verlässt Herr Mohr das Vorstandsbüro und denkt: „Das passiert mir nicht noch einmal. Erst bittet er um Feedback und dann reagiert er wie eine beleidigte Leberwurst.“
Ehrlich gesagt, ist Ehrlichkeit gerade unangebracht
In Unternehmen wird häufig zur Ehrlichkeit aufgefordert. Doch wenn der Appell tatsächlich ernst genommen wird und zu ehrlicher Kritik führt, wird dieses auf unangenehme Art zurückgewiesen. Sie wollen nicht zu den Feiglingen gehören, die die Meinung anderer sabotieren, überhören oder nicht wertschätzen? Und genauso wollen Sie auch Ihre Meinung nicht „runterschlucken“, sondern Dinge mutig und klar ansprechen. Dann beherzigen Sie die folgenden drei Prinzipien:
Prinzip 3: „Kompetente Führungskräfte sind mutige Feedbackgeber und -nehmer.“
Feiglinge drücken sich vor der Selbst- und Fremdreflektion. Schliesslich kann die Wahrheit schmerzhaft sein. Für kompetente Führungskräfte hingegen ist Feedback in beide Richtungen eine Selbstverständlichkeit. Je deutlicher die Rückmeldungen sind, desto besser erkennen sie, inwieweit Ihr Verhalten Bestätigung findet, Kritik erfährt oder Unzufriedenheit auslöst. Führen impliziert, dass Mitarbeiter folgen. Feedbacks bieten die Chance zu verstehen, durch welches Verhalten eine Führungskraft zum Folgen animiert und wodurch man es Mitarbeitern schwermacht, mitzugehen.
Fazit: Probleme aussitzen ist etwas für Feiglinge. Kompetente Führungskräfte sprechen sie an – auch, wenn es wehtut. Feedback ist eine Chance für alle Mitarbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens. Jeder sollte erfahren dürfen, wie sein Verhalten von anderen wahrgenommen wird. Das macht eine Feedbackkultur aus, die von Klarheit und Courage gekennzeichnet ist. Und zwar über alle Hierarchien hinweg.
von Nicole Pathé
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