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Hin und wieder in die Defensive zu geraten ist menschlich. Wenn wir bei der Arbeit befragt oder kritisiert wurden, kann man mit Gewissheit sagen, dass fast alle von uns – mit Ausnahme vielleicht des Dalai Lama und anderer gleichmütiger Seelen – irritiert waren, dass wir uns in Schweigen zurückgezogen oder etwas Verletzendes zurückgeschossen haben. Und weil es so normal ist, in die Defensive zu gehen, sind wir auch dazu geneigt, es als keine große Sache abzuschreiben. Jim Tamm ist jedoch anderer Meinung.

Der ehemalige Richter Tamm hat sich 25 Jahre lang mit zwischenmenschlichen Konflikten auseinandergesetzt, unter anderem hat er mehr als 1.000 Arbeitskonflikte geschlichtet und bildet derzeit Berater aus. Was hat also die Abwehrhaltung mit Zusammenarbeit zu tun? Tamm ist zu der Überzeugung gelangt, dass Abwehrhaltung das Haupthindernis dafür ist, dass Menschen gut zusammenzuarbeiten. „Es gibt nichts, was Ihnen dabei hilft, die Zusammenarbeit effektiver zu gestalten, als Ihre eigene Abwehrhaltung besser im Griff zu haben“, sagt er in einem Interview.

Obwohl es nahezu unmöglich ist, das defensive Verhalten in Stressmomenten völlig abzulegen, kann man sich seiner eigenen Reaktionen bewusst werden und einen Aktionsplan aufstellen. „Jedes Mal, wenn Sie defensiv werden, werden Sie weniger effektiv, Ihr Denken wird starr und Sie werden einfach nur dumm“, sagt Tamm, auch der Autor des Buches Radical Collaboration.

Warum ist die Abwehrhaltung ein solches Hindernis für die Zusammenarbeit? Wenn wir defensiv werden, „investieren wir viel mehr in die Selbsterhaltung als in die Problemlösung“, sagt Tamm. „Wir versuchen zu beweisen, dass wir Recht haben, anstatt nach kreativen Lösungen zu suchen“, sagt Tamm. Wenn dies an einem Arbeitsplatz geschieht, kann dies ein Rezept für Chaos und Misserfolg sein. Solche Impulse sind besonders schädlich für Chefs, Managern und Menschen mit viel Verantwortung und Macht. Dieses Verhalten schadet mehr als nur der defensiven Person. «Wenn wir defensiv werden laden wir alle anderen im Raum ein, ebenfalls defensiv zu werden“.

Es ist schwierig, in uns selbst eine Abwehrhaltung zu erkennen. Das liegt daran, dass darunter liegende Emotionen im Spiel sind. „Abwehrhaltung schützt uns nicht vor anderen Menschen“, sagt Tamm. „Sie schützt uns vor Ängsten, die wir nicht fühlen wollen. Zu diesen Ängsten gehören beispielsweise Gedanken über die eigene Bedeutung, darüber, ob man denn kompetent oder sympathisch ist.» Abwehr kann auch durch das Impostor-Syndrom (Hochstablersyndrom) entstehen, also wenn man Angst hat, nicht klug genug zu sein, wenn man das Gefühl hat, dass alle anderen besser sind als man selber oder dass man ein schlechter Chef ist.

Nehmen wir zum Beispiel an, Sie sind besorgt über eine Leistungsbeurteilung. Wenn Ihr Vorgesetzter konstruktive Kritik an Ihnen übt, bieten Sie Ausreden an oder werden wütend und schroff. Tamm aber sagt, dass diese Verhaltensweisen Ihr wirkliches Problem verschleiern, nämlich Ihre Angst davor, nicht die Gehaltserhöhung oder Beförderung zu bekommen, die Sie Ihrer Meinung nach verdienen, oder sogar Ihre Angst davor, gefeuert zu werden. „Unsere Abwehrhaltung hilft uns, unsere Ängste vor uns selbst zu verbergen“, sagt er, «und sie dient fälschlicherweise dazu, uns davon zu überzeugen, dass unsere Ängste nicht wahr sind.»

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Quelle

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