Fast überall gibt es ihn – den hilfsbereiten und durch und durch netten Kollegen, der niemals „Nein“ sagen kann. Er ist gerade bei seinen Mitarbeitern höchst beliebt, übernimmt er doch gerne mal etwas Arbeit und macht dadurch vor allem das Leben der Kollegen leichter. Doch obwohl sich dies zunächst etwas ungewöhnlich anhört, ist diese Haltung nicht förderlich für die Karriere, sondern kann sie sogar behindern. Nur, wie genau funktioniert dieses Nein sagen eigentlich?
Die Ursachen und Ängste bekämpfen
Es gibt viele Begründungen und Ursachen, warum Menschen sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld einfach nicht Nein sagen können. Der vielleicht verbreitetste Grund ist die Angst vor den Konsequenzen, die sich aus einer Absage entwickeln könnten. Gerade, wenn der eigene Chef die Bitte äußert, so ist der erste Reflex immer zunächst die Zusage, denn bekanntlich befördern Vorgesetzte keine Mitarbeiter, die nicht entsprechende Bitten erfüllen. Doch Arbeiten am Wochenende oder Überstunden unter der Woche sind nur eine begrenzte Zeit möglich und auch die Vorgesetzten müssen die Grenzen ihrer Mitarbeiter erkennen können – oder diese aufgezeigt bekommen.
Es ist also nicht immer ratsam, die Wünsche ohne Wenn und Aber anzunehmen. Stattdessen sollte irgendwann der Selbstschutz greifen und dem Chef auf einer rationalen Ebene klargemacht werden, warum die Bitte nun nicht erfüllt werden kann. Auch Vorgesetzte sind nur Menschen, die sich mit entsprechenden Argumenten überzeugen lassen und eine abgeschlagene Bitte dann nicht schlecht aufnehmen.
Ist „Ja“ eine Frage der Höflichkeit…
Auch die Angst vor der Ablehnung ist ein immer wieder genannter Grund, der dafür sorgt, dass Bitten regelmäßig erfüllt werden. So ist oftmals der Gedanke vorhanden, dass die Beziehung zu den Kollegen gestört wird, wenn entsprechende Anfragen abgelehnt werden. Hinzu kommt noch das schlechte Gewissen, denn in der Regel wird uns schon in Kindheitstagen beigebracht, dass Hilfe nicht verweigert werden darf, wenn sie denn geleistet werden kann. Wird diese Hilfe einmal nicht erbracht, so denken viele Menschen, dass sie in den Augen ihrer Mitarbeiter als herzlos und egoistisch eingestuft werden – was natürlich niemand möchte.
Allerdings sollten Sie sich vor Menschen, die genau diese Argumente benutzen, am besten hüten, denn in vielen Fällen dienen solche Aussagen nur zur Manipulation. Lernen Sie, diesen Personen nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen und bei einer Konfrontation einfach selbstbewusst abzulehnen. Denn grundsätzlich gilt, dass Sie auch nicht von jedem Kollegen gemocht werden müssen – vor allem dann nicht, wenn diese Zuneigung nur mit Gefälligkeiten „erkauft“ werden kann.
…oder des „Egos“?
Fühlen Sie sich geschmeichelt, wenn Ihre Kollegen mit Fragen und Bitten zu Ihnen kommen? Vielen Menschen bringt dies eine emotionale Aufwertung und sie fühlen sich kurzzeitig gut und schon fast ein wenig machtvoll. Doch auch hier sollten Sie sich vor Menschen in Acht nehmen, die mit schmeichelhaften Worten versuchen, Ihr Ego aufzuwerten, um dann die Arbeit auf Sie abzuwälzen. Früher wie heute gilt nämlich das Sprichwort
„Der Schmeichelei gehen auch die Klügsten auf den Leim.“
(Molière)
Natürlich fühlen sich Komplimente immer gut an, doch tun Sie sich langfristig keinen Gefallen damit, wenn Sie auf entsprechende Anfragen nicht mit einem bestimmten „Nein“ reagieren.
Die Gefälligkeitsfalle im beruflichen Alltag
Tatsächlich haben immer mehr Berufstätige das Gefühl, dass das Wort „Nein“ zu einem absoluten Tabu-Thema im Alltag mutiert: Worte wie „unkollegial“, „egoistisch“ und sogar „faul“ fallen dann nämlich hinter hervorgehaltener Hand und wenn solche Gerüchte erst einmal im Umlauf sind, ist es immer schwer, sie wieder loszuwerden. Im schlimmsten Fall wird sogar angenommen, dass die Arbeit deshalb abgelehnt wird, weil Sie nicht kompetent genug sind und die Aufgabe Sie komplett überfordern würde.
So entsteht eine unschöne Erwartungshaltung, die dazu führt, dass Anfragen nicht abgelehnt werden. Teilweise entstehen sogar regelrechte Ängste vor weiteren Anfragen, da Sie bereits an den Grenzen Ihrer Kapazität angelangt sind, weitere Bitten aber nicht abschlagen wollen. Das ist weder gesund noch sinnvoll und in der Regel entsteht aus dieser „Gefälligkeitsfalle“ ein Teufelskreis mit negativen Konsequenzen:
- Sie verlieren die Fähigkeit, sich durchzusetzen, was essentiell für Ihre Karriere und eine Stelle in einer Führungsposition wäre.
- Sie werden komplett abhängig von der Meinung der Kollegen und Vorgesetzten, sodass Sie sich gar nicht entfalten können und Ihr Selbstbewusstsein verlieren.
- Sie möchten es immer allen recht machen und nehmen mehr und mehr Aufgaben an, was jedoch zu vielen Fehlern führt, wodurch Sie es niemandem mehr recht machen – am wenigsten Ihnen selbst.
- Sie lassen sich immer weiter ausnutzen, denn sobald Sie erst einmal zu einem Kollegen „Ja“ gesagt haben, möchten Sie niemanden ablehnen – wodurch sich immer mehr Mitarbeiter an Sie wenden werden.
- Sie übernehmen sich letztendlich vollkommen und überlasten Ihre eigenen Möglichkeiten, was im schlimmsten Fall sogar gesundheitliche Konsequenzen nach sich zieht.
Es hat also viele Gründe, warum Sie das Nein sagen erlernen sollten. Natürlich erhalten kleinere Gefälligkeiten die Freundschaft beziehungsweise die gute Beziehung zu den Kollegen, doch wer immer nur „Ja und Amen“ sagt, der wird schnell in die Gefälligkeitsfalle treten und nur schwer wieder herauskommen.
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