Das klappt nicht, da hakt’s, da würde noch mehr gehen: Viele Menschen, gerade Führungskräfte, stehen deshalb da, wo sie stehen, weil sie sich nicht abfinden mit dem Status Quo. Weil sie höher, schneller, weiter wollen. Und das ist auch ok so, grundsätzlich. Aber langfristig leistungsfähig sind wir nur, wenn wir Erfolge auch wahrnehmen und feiern können. Aus gegebenem Anlass hier ein paar Tipps von mir:
Warum es so wichtig ist, Erfolg und Fortschritt würdigen zu können
Viele Führungskräfte hetzen von ToDo zu ToDo, von Termin zu Termin – und sehen dabei immer nur das Defizit. Nicht mal jedeR Dritte Beschäftigte in den USA sagt laut einer Gallup-Studie, sie/er sei in den letzten 7 Tagen von der Führungskraft gelobt worden.
Das mag an der Erfolgsorientierung, am stetigen Streben nach Optimierung vieler Führungskräfte liegen. Das mag an der Negativitätsverzerrung, dem negativity bias, liegen, mit dem wir Menschen qua Hardware durchs Leben gehen. Die Affektasymetrie, derzufolge wir in unserem Gehirn negative Reize schneller, intensiver und länger wahrnehmen als gleichstarke positive, hat uns als Gattung das Überleben gesichert (Säbelzahntiger, giftige Pflanze, Paarungs- oder Nahrungskonkurrenz etc.). Aber er ist häufig dysfunktional im Leben des Homo Bürosiensis.
Und zwar gerade jetzt, in diesen Zeiten von Ungemach, Umbruch, Ungewissheit: Da ist es um so wichtiger, Erfolge wahrzunehmen und zu feiern. Denn Fortschritt, Weiterkommen, Erfolg kippt Dopamin und andere chemische Glücksbotschafter in unser armes Lockdown- und Krisengeschädigtes Gehirn. Und das unserer Mitarbeiter*innen. Erfolgsmeldungen lösen positive Emotionen aus – und die wiederum machen uns nach der Broaden-and-Build-Theorie von Barbara Fredrickson kreativer, sozial anschlussfähiger, leistungsfähiger – und weniger anfällig für Negativität. Deshalb ist Accomplishment, Ziele planen, erreichen und abfeiern, auch eines der fünf Erfolgsrezepte im PERMA-Modell Martin Seligmans für Wohlbefinden.
Fortschritt und Erfolg genauer wahrnehmen
Sachen laufen schief, Dinge scheitern: Es ist völlig richtig und wichtig, wenn Führende den Blick darauf richten – denn nur so können Fallen vermieden, künftige Klippen umschifft werden.
Aber was viel zu wenig stattfindet: Penible Erfolgsanalyse, ein genaues Hinschauen bei Gelingen, Weiterkommen, Fortschritt. Denn nur so können Sie verhindern, dass Erfolge Zufallsprodukte bleiben – und nur so können Sie die Replizierbarkeit von Erfolg sicherstellen. Nützliche Fragen dafür könnten sein:
- Welche Stärken, welche Kompetenzen und Talente haben mir, haben uns, haben unserer Organisation geholfen, dass ich/wir…
- Was haben habe ich/haben wir in diesem Projekt besser/schneller/effizienter/wirksamer gemacht als beim letzten Anlauf?
- Was muss ich, was müssen wir wiederholen, damit ich/wir auch nächstes Mal…
- Wo will ich, wo wollen wir hin, was bedeutet der Erfolg auf dem Weg hin zu…
- Wer war hilfreich, dass ich, dass wir? Und wer noch? Und wer ausserdem?
- Wie kann mir/uns dieser der Erfolg helfen, wenn ich mal down bin, wenn bei uns mal was schief geht?
- Was können andere von diesem Erfolg haben?
Was man alles feiern könnte – wenn man wollte:
Es gäbe doch, wenn man genauer hinschaut, gar nicht so wenige Anlässe, um Fortschritt, Gelungenes, Weiterkommen zu feiern, oder? Zum Beispiel:
- gute Zahlen
- okaye Zahlen
- nicht ganz so katastrophale Zahlen wie befürchtet
- Projekt fertig
- grosser Projektschritt fertig
- kleiner Projektschritt fertig
- Auszeichnungen
- Lob von Vorgesetzten, Lieferant*innen, der Börse, der Kundschaft, der Konkurrenz…
Erfolge erfolgreicher feiern
Angenommen, Sie haben jetzt ein paar schöne Anlässe gefunden, um Erfolg und Fortschritt zu würdigen – wie’s dann machen? Zum Beispiel so:
- Je nach Kontext/Persönlichkeit/Verhältnis: Dank und Anerkennung laut und breit – oder still und intensiv unter vier Augen
- Shoutout – per Mail, Pressemeldung, Tweet, Podcastfolge etc.
- Dankes-Kärtchen schreiben und/oder Danke sagen an alle, die beteiligt waren – das macht Erfolg grösser statt kleiner
- Freibier für Alle Beteiligten (auch die in der zweiten und dritten Reihe)
- Pizza(gutscheine) für Alle Beteiligten
- Bücher(gutscheine) für Alle Beteiligten
- Boni, Beförderung, Sonderurlaub, Eckbüro, Bildungsbelohnung
- Lob weitergeben, mich nicht mit fremden Federn schmücken
- Feiern, mir selbst etwas Gutes tun
- Im Sinne des Pay it forward: Andere Menschen, Organisationen unterstützen, die jetzt gerade Hilfe oder einen Erfolg dringend brauchen könnten
- Hier noch ein paar weitere Beispiele, wie man Erfolg auch feiern kann
- Gar nix machen. Innehalten, den Zielen, ToDos einen Tag frei geben. Ausatmen
Am allertollsten: Wenn Sie aus diesen und anderen Anregungen Ihre eigene Kultur des regelmässigen Hinschauens, des Wahrnehmens und Feierns von Weiterkommen schaffen und fördern. Das ist besser und wirksamer als alle 365 Tage mal Lametta und den Rest „Nicht geschimpft ist gelobt genug“. Und macht mehr Spass!